aus dem Mama-Leben

Früher war ich Frau – dann wurde ich Mutter – und jetzt bin ich was?

Früher – wie das klingt. Mit früher meine ich einfach nur die Zeit bevor ich Mutter wurde, ja vielleicht sogar schon bevor ich schwanger wurde – oder schwanger werden wollte?

Als Frau, egal ob Single oder in einer Beziehung welcher Art auch immer (verliebt, verlobt, verheiratet), da ist es einfach, was und wer man ist. Für mich war das weiblich sein, Frauendinge tun (Shoppen, Bummeln, Klamotten, Tanzen) und den Mann fürs Leben suchen und finden. Klingt einfach, war es nicht immer, aber meinen Spaß, den hatte ich. Ich wusste, was ich will und nicht will.

Ich bin ausgegangen, so oft und so lange ich wollte. Kaum Verpflichtungen und wenn der Schlaf unter der Woche mal zu kurz kam, kein Problem – am Wochenende wurde eh ausgeschlafen. Ein selbstbestimmtes Leben.

Nicht nur meine Zeit konnte ich ganz nach meinem Gusto verplanen, auch beim Geld waren so einige Spielereien drin, die man durchaus als Luxusartikel zählen kann – aber da musste es einfach (noch) ein (weiteres) bestimmtes Paar Schuhe sein oder ein Rock, den man zwar sicherlich nur selten wird tragen können, der aber einfach zu toll ist – oder aber die zehnte Handtasche und das fünfzehnte Portemonnaie.

Und wenn Frau dann alles (erreicht) hat: einen tollen (Ehe-)Mann, einen guten Job und die gewissen schönen Dinge im Leben, die man sich so leisten kann – dann kommt bei vielen noch der eine, ganz große Wunsch auf – so wie bei mir: ein Baby – ein gemeinsames Kind – die Krönung der Liebe und des Lebens!

Und dann ändert sich alles. Der positive Test: Hurra! Die Schwangerschaft: die andere Art der weiblichen Rundungen – hey, so ein dicker Babybauch ist très, très chic – ich trage ihn stolz vor mir her! Und schon jetzt fange ich an, mein Leben immer mehr auf das Baby auszurichten. Hey, ich trage ein Lebewesen in mir, für das ich verantwortlich bin. Alles was ich tue, kann Folgen für das ungeborene Leben haben – früher oder später. Also achte ich darauf, was ich esse, vermeide Stress, lege mehr Wert auf frische Luft und Bewegung – und shoppe für den Nachwuchs, was das Zeug hält! Ich versuche, mich schlau zu lesen und bestmöglich vorzubereiten. Aber ich gehe auch noch meinen Verabredungen nach und genieße meine Zeit. Und da kommen dann auch schon die ersten zukunftsbetreffenden Fragen wie „Du wirst Dich aber nicht so total ändern, oder?“, „Du bleibst doch die Gleiche?“, „Du wirst ja wohl nicht so eine Übermami?“, „Du wirst ja wohl weiterhin ausgehen?“ …und immer dieser „fordernde Unterton“ dabei, bei dem man fast automatisch erst einmal die gewünschte Antwort gibt, obwohl man doch noch gar nicht weiß, wie es denn nun werden wird – und es auch gar nicht wissen kann. Wie soll man solche Fragen vorher wahrheitsgemäß beantworten? Ich bin doch keine Hellseherin! Und warum überhaupt solche Fragen, die einen gewissen Druck ausüben (wollen)?

Und dann kommt der entscheidende Tag. Wer es nicht selbst erlebt hat, kann sich das einfach nicht vorstellen. Es ist das größte Wunder dieser Welt, die abenteuerlichste Erfahrung der Menschheit und der Beginn der größten und bedingungslosesten Liebe: die Geburt des eigenen Kindes!

Und von da an ist alles anders. Und das ist auch gut so. So hat es die Natur vorgesehen und nur so konnte die Menschheit überleben. Denn dieses kleine Bündel Mensch ist so hilflos und daher auch so bedingungslos angewiesen auf die Liebe, die Zuneigung seiner Eltern und auf die Fürsorge und Pflege.

Und so richtet sich, für mich ganz selbstverständlich, mein ganzes Leben von nun an auf unsere Tochter aus. Sie ist ein absolut liebes Baby, aber auch ganz schön hungrig. Meist alle 2 Stunden fordert sie die Brust – Tag und Nacht. Dazwischen wickeln, singen, kuscheln, spazieren gehen. Und für mich selbst: tagsüber noch ein bis zwei Stunden Schlaf, ach, und eine Dusche wäre auch nicht schlecht. Aber das Wichtigste: genug essen und trinken – damit ich auch ja genug Milch produziere.

Auch das monetäre Verhalten von mir hat sich sehr geändert. In erster Linie schaue ich, was unsere Kleine so „braucht“ – oder besser gesagt: „gebrauchen könnte“. Zu gerne gucke ich nach süßen Kleidern, oberwichtigem Babybedarf und tollen Spielzeugen. So ist das als Mama und so liebe ich es! Nach Sachen für mich zu gucken macht eh nur noch halb so viel Spaß – meine Figur lässt noch immer zu wünschen übrig.  Und für „Unnötiges“ wird schon mal gar kein Geld verschwendet. Da überleg ich doch zweimal, ob ich überhaupt noch eine weitere Hose brauche und ob es denn ein neues Shirt sein muss. Schuhe habe ich eh genug… oder, Moment! Für die langen Spaziergänge und später die Spielplatzbesuche müssen noch flache, robuste Schuhe her! Also zieht eine neue Kategorie Schuhe in den Schuhschrank.

Dann kommt mit knapp 6 Monaten der Beikost-Start und einhergehend damit für mich der klitzekleine Start in ein Stückchen „Freiheit“. Bald darauf gehe ich das erste Mal abends alleine für 2 Stunden weg. Nervös bin ich während dieser Zeit, denke fast ununterbrochen ans Töchterlein und lasse mein Handy kaum aus den Augen, ob der Papa vielleicht Rat braucht oder mich gar zurückbeordert. Aber die beiden meistern das ganz wunderbar ohne mich! Von nun an gehe ich ca. einmal im Monat abends weg. Auch wenn ich noch immer ab und an auf das Handy schaue, so genieße ich diese Zeit für mich sehr. Andere Leute sehen, andere Themen hören und mal nur für mich selbst sorgen und auf nichts bzw. niemand anderen achten müssen. Unbeschwerte Stunden.

Mit knapp 14 Monaten stillt sich unsere Schnuppi selber ab. Wieder ein Stück „Freiheit“ für mich – ich kann jetzt wieder essen, was ich will. Muss nicht mehr daran denken, was es für Auswirkungen auf die Muttermilch und somit auf Schnuppis Verdauung hat. Und doch ist auch ein Stückchen Wehmut dabei. Ich habe so gerne gestillt. Dieses Gefühl, dass man sein Kind ernähren kann. Dieses innige Gefühl, diese Nähe. Dass die ganze Kindheit ein einziger Abnabelungsprozess ist, wird mir nun das erste Mal so richtig deutlich. Und die Erkenntnis drängt sich auf, dass ich nicht auf ewig so eine „Symbiose“ mit unserer Tochter bilden werde. Nein, sie wird immer selbständiger werden – und ich werde auch wieder eigenständiger werden (müssen).

Kurz danach fängt unser Töchterlein an durchzuschlafen (nach 14 Monaten stellte sich dieser Genuss ein) und es wird wieder ein Stückchen „leichter“. So viele Stunden Schlaf am Stück sind schon was Feines.

Und heute? Heute sind wir zwei ein eingespieltes Team und meistern den Alltag mit links: Kurse, Mama-Kinder-Treffs, Termine… Ein geregelter Tagesablauf vereinfacht das Leben zusätzlich. Die zwei Stunden Mittagsschlaf nutze ich dann gerne für Haushalt, einen leckeren Latte Macchiato, eine Runde im Netz surfen, Beine hochlegen – oder jetzt in der Hausbauphase für diverse Telefonate.

Und so ist plötzlich wieder Zeit für MICH da! Ich… ja, wer bin ich eigentlich jetzt? Natürlich Mama, ganz klar, in erster Linie. Aber diese Pausen, die ich da jetzt für mich nutzen kann… Da kann ich mich auch mal mit Nicht-Mama-Themen beschäftigen. Meine freien Abende, auch da bin ich mal wieder mehr als nur die Mama. Und doch lege ich diese Position, natürlich (!), nicht ab. Aber mit dem „mehr“ an Zeit bleibt da plötzlich auch ein „mehr“ für mich und so entdecke und erfinde ich mich gerade ganz neu. In mein „altes“ Leben kann und will ich nicht zurück. Mama sein ist das schönste auf der Welt – ich liebe es! Und so mache ich mich gerade auf eine Art Reise und bin gespannt, wo es hinführt.

Bald werden wir uns sogar für drei Vormittage die Woche trennen – eine von uns darf dann im Kindergarten spielen und die andere darf wieder ein paar Stunden Büroluft schnuppern. Ein Stückchen altes Leben trifft aufs neue Leben und wird sich zwangsläufig vermischen.

Und auch wenn mir die „drohende“ Trennung manchmal ein wenig Angst macht, so freue ich mich auch auf diesen neuen Abschnitt und bin optimistisch, dass es uns beiden gut tun wird. …und auch dann heißt es weiterhin zu entdecken, wo meine neue Position im Leben ist.

Ein Kommentar zu „Früher war ich Frau – dann wurde ich Mutter – und jetzt bin ich was?

  1. Haaaaach, ich schmelze dahin… das hast du wunderschön geschrieben ❤
    Jeder neue Schritt bringt Veränderung. Und jede Veränderung bringt neues, schmerzhaftes aber auch stolzmachendes. Jeder neue Schritt zeigt auf, wie toll man sein Kind in die Selbständigkeit begleiten kann, wenn man ihm Halt bietet – und einen Rückzugsort, einen sicheren Hafen… Und auch wenn es wehtut – ganz lösen wird sie sich von dir nie. Denn ihr bleibt auf ewig Mama und Tochter…

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