aus dem Mama-Leben

Heute bin ich die Welt – morgen wäre ich „vergessen“

Seitdem ich eine Mama bin, hat mein Leben einen Sinn. Ich habe der Welt etwas gegeben, ich werde der Welt einmal etwas hinterlassen: meine wundervollen Töchter. Es war direkt nach der Geburt von Maxi-L, dass ich das Gefühl hatte, wenn ich jetzt sterben würde, dann ginge ich niemals ganz. Es machte den Gedanken daran, diese Welt eines Tages verlassen zu müssen, erträglicher. Auf der anderen Seite wuchs gleichzeitig meine Angst, zu früh gehen zu müssen, ins Unendliche.

Heute bin ich die Welt

Meine Kinder sollen nicht ohne Mama aufwachsen. War ich die ersten zwei Lebensjahre jeweils komplett für sie da, arbeite ich auch jetzt so wenig wie möglich, um weiterhin möglichst viel für sie da zu sein. Ich möchte sie begleiten, wo es Not tut und sie dort unterstützen, wo sie ihre Wege anfangen alleine gehen zu können. Ich möchte, dass sie einfach wissen, dass ich im Notfall immer da wäre und sie nichts alleine bewältigen müssen.

Und so ist es nicht übertrieben zu sagen, dass in allererster Linie ich ihre Hauptbezugsperson bin. Ich möchte damit den wichtigen Part vom schnuppispapa keineswegs schmälern. Maxi-L und Mini-L lieben ihren Papa von ganzem Herzen und genießen, dass er trotz Vollzeitstelle verhältnismäßig viel Zeit für sie findet. Es gibt Dinge, da gehen sie direkt zu ihm. Da ist er der Ansprechpartner Nummer 1, da ist er der Fachmann (wie beim Lego zusammenbauen) oder einfach der „Bessere“ (wie beim wilden Toben).

Doch letztendlich bin es ich, diejenige, die nun einmal immer da ist, wenn auch die lieben Kleinen zuhause sind, wenn „Erste Hilfe“ benötigt wird. Beim Hinfallen braucht es Mamas Zauberpuste, bei nächtlichen Alpträumen braucht es Mamas Arme, auf neuen Wegen braucht es Mamas Hand. Und das tut auch mir als Mama unheimlich gut.

Das Grundvertrauen, was bei Geburt seinerzeit mitgeliefert wurde, scheine ich bei meinen Kindern immer wieder zu bestätigen, so dass uns ein festes Band unzertrennlich zusammenschweißt.

Und so erfüllt es mich mit Liebe und auch ein wenig Stolz, dass ich für meine Tochter diejenige welche bin. Bei Mama ist alles gut. Mama muss da sein. Und das tut auch mir gut. Doch was wäre, wenn…

Morgen wäre ich „vergessen“

Meine Oma ist Ende des Krieges geboren und hat auf die letzten Tage, im zarten Alter von 3 Jahren, ihren Papa verloren. Ihre Mama hat immer wieder von ihm erzählt und immer wieder gefragt, ob sich meine Oma nicht an diese oder jene Begebenheit mit ihrem Vater erinnern könne. Irgendwann hat meine Oma dann einfach immer mit JA geantwortet, weil sie wusste, wie sehr sich ihre Mama wünschte, dass sie es wirklich täte. Kinder und ihre feinen Antennen. Nein, sie konnte sich an diesen Mann, der ihr Vater war, nicht wirklich erinnern und vermisste dies in ihrer Kindheit aber auch nicht. Sie hatte diese wunderbare Mama (meine Uroma, die ich unendlich vermisse), die für meine Oma und ihre zwei älteren Schwestern im zerbombten Deutschland alles tat, damit sie über die Runden kamen und dabei so viel Liebe geben konnte, dass es meine Oma dennoch als glückliche Kindheit empfand. Je älter meine Oma wurde, desto mehr bekam sie eine Ahnung davon, was sie nicht gehabt hatte. Was so ein Vater sein kann. Als sie dann meinen Großvater, einen der wundervollsten Menschen dieser Welt, kennen- und lieben lernte und sie heirateten und selber Eltern wurden, da fing sie an, um ihren unbekannten Vater zu trauern. Es ist etwas, was sie nie wieder losgelassen hat – bis heute und andauernd. Es gibt nur ganz wenige Fotos von meinem Uropa; so war das halt damals. Vor einiger Zeit hat sie versucht, das Ganze noch einmal auf andere Art und Weise zu verarbeiten und ist zu einem Kriegsgräberfriedhof nach Osteuropa gereist, um ihn dort zu „besuchen“. Es war ein Besuch voller Tränen, aber er war wichtig und gut.

Doch warum erzähle ich Euch das? Mini-L ist gerade auch genau drei Jahre jung. Sie ist genauso klein wie es meine Oma war, als sie ihren Papa verlor.

Flugzeug

Heute bin ich für sie die Welt, die allererste Bezugsperson, ohne die nichts geht. Würde sie mich „morgen“ wirklich vergessen habe? Würde sie sich bald nicht mehr an mich erinnern können, wenn mir jetzt etwas zustieße? Ich halte diesen Gedanken kaum aus. Und wenn solche Gedanken, solche Ängste hochkommen, dann komme ich aus dieser Spirale nur ganz schwer wieder raus. Wenn dann, so wie letzte Woche, eine Dienstreise ansteht, wo ich in ein Flugzeug steigen muss, dann potenzieren sich Flugangst und die Angst um meine Kinder und dann möchte ich alles absagen und nur bei meinen Kleinen bleiben, um sicherstellen zu können, dass ich für sie da sein kann.

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– ich kurz vorm Rückflug hinter meinem Ticket –

Doch gar kein Risiko eingehen gibt es ja gar nicht. Ich steige ja auch jeden Tag ins Auto. Ich kann mich ja schlecht mit den Mädels in einer Höhle verschanzen und nie wieder rauskommen – um einfach mal ins andere Extrem zu schweifen.

Das Schicksal von meiner Oma und ihrem Papa trifft mich einfach tief in meinem Herzen und ich hoffe und wünsche mir nichts sehnlicher, als dass ich meine Kinder möglichst lange auf dem Weg in und auf dieser Welt begleiten darf – denn diese beiden sind MEINE WELT!

Eure emotionale schnuppismama

10 Kommentare zu „Heute bin ich die Welt – morgen wäre ich „vergessen“

  1. Ich habe genau die umgekehrte Angst: Dass nicht mir etwas zustößt, sondern meinem Kleinen. Wenn ich von jetzt auf gleich nicht mehr Papa wäre, sondern mein Kind verlieren würde. Ich teile mein Leben in zwei Teile: Eine Zeit vor meinem Sohn – und eine Zeit seitdem es ihn gibt. Ohne ihn würde ich auch nicht mehr sein wollen. Wer zwei Kinder hat, kann das vielleicht nicht nachvollziehen. Aber die Angst, mein einziges Kind nicht aufwachsen sehen zu können, ist die größte Angst in meinem Leben. Trotzdem darf man sich davon nicht beherrschen lassen. Man kann sein Kind nicht in Watte packen, es muss sich frei entwickeln können. Der Rest ist Schicksal – man darf es nur nicht herausfordern.

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  2. Ich habe genau die umgekehrte Angst: Dass nicht mir etwas zustößt, sondern meinem Kleinen. Wenn ich von jetzt auf gleich nicht mehr Papa wäre, sondern mein Kind verlieren würde. Ich teile mein Leben in zwei Teile: Eine Zeit vor meinem Sohn – und eine Zeit seitdem es ihn gibt. Ohne ihn würde ich auch nicht mehr sein wollen. Wer zwei Kinder hat, kann das vielleicht nicht nachvollziehen. Aber die Angst, mein einziges Kind nicht aufwachsen sehen zu können, ist die größte Angst in meinem Leben. Trotzdem darf man sich davon nicht beherrschen lassen. Man kann sein Kind nicht in Watte packen, es muss sich frei entwickeln können. Der Rest ist Schicksal – man darf es nur nicht herausfordern.

    Dass mir selbst etwas passiert, davor habe ich seltsamerweise keine Angst. Ich habe Vertrauen in meine Frau und meinen Sohn, dass er sich auch ohne Papa zu einem Prachtexemplar Mensch entwickeln wird. Und wenn ich morgen tot umfallen sollte, ist es eben so. Ich bekomme dann ja auch nichts mehr mit.

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    1. Die Angst, die Du beschreibst, ist meine Größte! Das steht außer Frage! Da kann und möchte ich aber überhaupt nicht drüber nachdenken, denn das ist unerträglich für mich. Und auch wenn ich zwei Kinder habe, wäre es nicht weniger schlimm eine zu verlieren, weil da noch eine ist. Keine der zwei ist ersetz- oder kompensierbar. Ohne sie kann ich nicht sein!

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      1. So meine ich das nicht. Es gibt da diesen Thriatleten, der dieses Jahr seinen kleinen Sohn verloren hat. Sein zweites Kind hat ihm die Kraft gegeben, sich danach nicht aufzugeben. Wenn man nur ein Kind hat, gibt es aber keinen Grund, weiterleben zu wollen, wenn dem etwas zustößt.

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  3. Die Geschichte deiner Oma erinnert mich sehr an meine eigene Oma. Es muss schrecklich sein, wenn der Vater auf einmal verschwindet. Sie war schon ein bisschen Eltern und konnte sich an ihren Vater besser erinnern.

    Ich verstehe deine Flugangst, aber zum Glück ist Fliegen wirklich sicher. Das hilft dir vielleicht nur ungemein und weißt du sicher selber… 😉

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